Diesen Satz hörte ich von einem sehr verzweifelten netten Mann, nach einem „Entschuldigung, kennen Sie sich mit Hunden aus?“ auf meinem bevorstehenden Beutelgang in Gutenstetten, als ich noch am Auto stand und gerade meine „Hundeschuhe“ anzog.
Im Auto – auf dem Rücksitz – saß die Lebensgefährtin und zukünftige Hundemama mit einem kleinen Pomeranian – Welpen. Ich fragte noch ein bisschen nach und erfuhr, dass dieser Welpe gerade von Züchter hinter Ipsheim abgeholt wurde, 12 Wochen alt war und jetzt im Auto auf dem Schoß sitzt, zittert und winselt. Jegliche Versuche ihn zu beruhigen schlugen bisher fehl. Die zukünftigen Besitzer versuchten in den kleinen Mann Kekse zu stopfen, um ihn zu beruhigen, schließlich sei man noch ein bisschen unterwegs bis nach Kitzingen. Gut gemeint, aber…
Ich fragte noch ein bisschen nach zur „Züchterin“… Sie wäre mit den Welpen bisher nur zum Impfen mit den Welpen Auto gefahren.
Das waren zwar nicht viele Informationen, aber für mich schon sehr viel. Ich erklärte dem verzweifelten Mann, dass er sich nicht wundern brauche, falls die Kekse anverdaut wieder im Auto landen könnten, weil es dem kleinen Mann evtl. auch noch schlecht sein könnte durch das Autofahren. Der Neu – Hundebesitzer wurde etwas blass… „Schatz, hast du das gehört?“, die Blondine auf dem Rücksitz sah mindestens genauso verzweifelt aus wie der Hund.
Nach dem ersten Schock fing ich an die Situation für das Pärchen kleinschrittig zu erklären.
Erstes Problem: der kleine Welpe ist an Autofahren bzw. Autos nicht gewöhnt
Zweites Problem: die letzten Autofahrten hat er mit großer Sicherheit nicht positiv abgespeichert, da es stressbehaftet zum Tierarzt ging, dort in alle Körperöffnungen geschaut wurde und der Abschluss ein „kleiner Pieks“ war, den der Knopf bestimmt nicht als kleinen Pieks empfunden hat. Die anderen Welpen werden ihn sicherlich auch in seiner Meinung und seinem Empfinden unterstützt haben.
Drittes Problem: er ist aus seinem bisherigen Umfeld gerissen, in dem er sein bis dato gesamtes Leben verbrachte! Aus seiner Sicht ist das lange… die prägende Phase ist bereits vorbei, sprich dr Hund empfindet diese Dinge, die er im Zeitraum von der bis zur Lebenswoche gesehen, gerochen und gehört sowie gefühlt hat, als „normal“, alles andere versetzt ihn erst einmal in Stress. Nun ist er mit 12 Wochen mitten in der Sozialisierungsphase, die Phase im Leben eines Hundes, die ihn ab der achten Woche an die Dinge gewöhnt, die in seinem zukünftigen Leben eine Rolle spielen werden.
Die letzten 4 Wochen war er mit seinen Geschwistern bei Mama und der Züchterin, ohne viele Außenreize, ohne Auto, ohne viel Kontakt zu den zukünftigen Besitzern, die sich in dieser Phase mehr Kontakt gewünscht hätten. Was durchaus sinnvoll gewesen wäre, denn nun saß der Welpe – entrissen aus seinem bisherigen Umfeld – bei wildfremden Menschen auf dem Schoß, wurde „zwangsgestreichelt“ und fixiert. Alle Hilfeschreie, um die sich die Hundemama gekümmert bisher hat, verlieren sich im Nichts. Der Kleine war verzweifelt und besorgt, das sah man ihm an – und seinen zukünftigen Besitzern auch. Wie einfach wäre es gewesen, einfach nur ein bisschen Geruch bei der Züchterin zu lassen für den kleinen Prinz, damit die zukünftigen Eltern bereits präsent und bei Abholung bekannt gewesen wären. Genauso einfach, wie sich mal 5 Minuten pro Tag mit dem Thema Auto zu beschäftigen.
Viertes Problem: der Kleine ist ungeübt im Ausgleichen von Bewegungen, die ein Auto mit sich bringt. Das Gleichgewichtsorgan im Ohr ist noch nicht trainiert, das sorgt für Schwindel, Übelkeit und Koordinationsstörungen beim Autofahren. Deshalb übergeben sich so viele Hunde im Auto, wenn sie das Geschaukel nicht kennen.
Was rät man nun…? Was kann man raten?
Erstmal raus aus dem Auto und kurz 2 Meter gehen. Durch den Stress und das entstandene Cortisol, muss sich der Welpe entleeren. Mit voller Blase und Druck auf dem Darm wird das Autofahren nicht besser. Das taten sie dann auch und waren verblüfft, woher man sowas weiß – naja, wenn man sich mit den Hormonen beschäftigt, weiß man, dass es Actio und Reactio zwischen Hormonen und dem Stoffwechsel des Körpers gibt.
Für die Zukunft gab ich Tipps mit auf den Weg wie „Abschalttraining im stehenden Auto“, dann mit laufendem Motor, anschließend eine kleine Runde im das Haus und nach jeder Fahrt die Hauptmahlzeit (aus dem Beutel). So kann man das negativ behaftete Thema „Auto“ schöner gestalten. Ich gab ihnen den Tipp im Auto eine Box zu stellen und diese bereits zuhause aufzustellen und in dieser Box tolle Sachen zum knabbern zu parken. Damit der Welpe auch die Box positiv verknüpft. VOR der Fahrt jedenfalls vorläufig nicht füttern, erst nachher – auch aus übergebenden Gründen.
Nebenbei empfahl ich auch das Thema Tierarzt anzugehen und sich einfach nur ins Wartezimmer zu setzen mit dem Welpen am Schoß und nach 10 Minuten wieder zu gehen, vielleicht kann der Tierarzt mal vorbeischauen und nichts machen, außer sich nicht gefährlich darstellend auf den Welpen zuzubewegen. Zuhause kann man ein medizinisches Training in den Alltag einbauen, ganz nebenbei mal ins Ohr schauen, mal ins Maul , die Pfoten abtrocknen und abtasten, hochheben und kurz fixieren – ohne Tierarzt. Vielleicht auch bereits Markerworte einbauen, damit der Hund weiß, WAS angesehen wird.
Um das Gleichgewichtsorgan zu trainieren, gab ich ihnen den Tipp wackelige Untergründe vorsichtig zu erkunden, das können Matratzen oder Kissen, Wackelbretter oder Wippen, mit Luft gefüllte Sitzkissen oder ähnliche Dinge sein. Das baut zudem auch die Muskulatur auf.
Aber all diese Tipps nutzten allen 3 Autoinsassen im Hier und Jetzt nichts. In diesem Fall mussten alle Beteiligten einfach durch, bis sie zu Hause waren. Ich hoffe für die helle Rücksitzbank des Autos und die sehr sauberen Klamotten der Hundemami, dass der Knirps die Kekse alle in sich behalten hat! Sowie, dass der Kleine ein genauso begeisterter Autofahrer wird wie Frodo, der sich anfangs auch bei jeder Fahrt übergeben musste.